Online-Banking als Blinder - wie geht das?

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Online-Banking als Blinder - wie geht das?

Beitrag von Tim Böttcher » 24.08.2019, 18:20

Der Hintergrund

Neulich entbrannte in der Mailingliste der DBSV Jugend eine verhältnismäßig lebhafte Debatte. Hintergrund war die Abschaltung des SMS-Tan-Verfahrens bei der Sparkasse. Es ging aber nicht nur um besagtes Tan-Verfahren, sondern auch um barrierefreie Banken allgemein, insbesondere im Bereich des Online-Bankings. In dieser Hinsicht ist vielleicht noch die folgende Umfrage der Commerzbank interessant - unabhängig davon, bei welcher Bank man derzeit ist, kann man dort an der Verbesserung der Barrierefreiheit im Bankgeschäft mitwirken.
Ich möchte diese Umfrage sowie die Diskussion in der Mailingliste als Anlass nehmen, meine Erfahrungen mit Online-Banking zu schildern. Da ich nur bei der DKB und der Sparkasse Konten habe, erhebe ich jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit!

Warum überhaupt Online-Banking?

Diese Frage ist durchaus berechtigt. Auch wenn die meisten Menschen heutzutage Online-Banking benutzen, stehen die traditionellen Dienste der Bankfilialen immer noch zur Verfügung. Man muss also kein Online-Banking betreiben, wenn man nicht will. Dennoch gibt es einige Gründe, weshalb Online-Banking auch für Blinde attraktiv ist:
  • Bequemlichkeit: Die Online-Dienste der Banken lassen sich bequem von zuhause oder unterwegs aus abrufen.
  • Erreichbarkeit: Kontoauszüge und Kontostände lassen sich überall abfragen, sofern man eine Internetverbindung hat. Die Kontoauszüge kann man zudem als PDF speichern und verschicken oder direkt ausdrucken.
  • Geschwindigkeit: Wenn man viele Rechnungen zu bewältigen hat, ist das Online-Banking eine wesentlich zügigere Möglichkeit, diese Rechnungen abzuarbeiten.
  • Unabhängigkeit: Sei es durch Assistenz beim Weg zur Bank oder Unterstützung durch Mitarbeiter in der Filiale: Ohne Online-Banking ist man deutlich abhängiger von anderen Menschen.
Es lohnt sich also, Online-Banking zumindest in Betracht zu ziehen.

Wie funktioniert Online-Banking überhaupt?

Um online-Banking betreiben zu können, braucht man natürlich zunächst ein konto bei einer Bank. Außerdem muss man sich einen Online-Zugang erstellen und freischalten lassen. Bei der Sparkasse passiert dies im persönlichen Gespräch, per Brief oder Telefon; die DKB bietet nur Brief oder Telefon an.
Anschließend kann man sich auf der Website seiner jeweiligen Bank anmelden. Hinweis hierzu: Nur die Desktop-Ansicht der DKB-Website ist wirklich barrierefrei, die mobile Ansicht nicht.
Hat man sich angemeldet, kann man den Kontostand abfragen, Überweisungen tätigen sowie Daueraufträge festlegen.
Dabei wird man früher oder später aufgefordert eine Tan einzugeben.

Was ist eine Tan und wozu brauche ich sie?

Eine Tan ist eine zufällig generierte, sechsstellige Nummer. Sie dient zur Verifizierung das tatsächlich du als Besitzer des Kontos eine Überweisung tätigen willst. Auf diese Weise ist es nicht ganz so fatal, wenn jemand deine PIN stiehlt. Die Tan dient also als zusätzliche Authentifizierung.

Welche Tan-Verfahren gibt es?

Momentan werden folgende Tan-Verfahren verwendet:
  • Chip-Tan
  • Photo-Tan
  • Push-Tan
  • SMS-Tan
Ich gehe im folgenden auf jedes Verfahren ein.

Chip-Tan

Bei der Chip-Tan liest ein externer Generator die Informationen von einem elektronischen Chip und generiert auf dieser Basis die Tan. Vorteil ist relativ hohe Sicherheit: Ohne den Chip lässt sich da nichts machen. Nachteile sind jedoch, dass Blinde einen Generator mit Sprachausgabe und (idealerweise) Kopfhörer brauchen, und das kostet extra. Außerdem ist dieses Tan-Verfahren verhältnismäßig umständlich.

Photo-Tan

Hier braucht man ein Smartphone mit einer App. Man nutzt das Smartphone um einen im Online-Banking angezeigten QR-Code zu scannen, und die App generiert daraufhin die Tan. Vorteil ist auch hier recht hohe Sicherheit sowie relativ simple Anwendung. Nachteile sind die mangelnde Barrierefreiheit und das Unvermögen, Banking nur an einem Gerät zu tätigen. Man braucht immer PC und Handy oder Tablet und Handy gleichzeitig. Es existiert zwar, glaube ich, auch ein externer Tan-Generator der einen vereinfachten code scannt und auf dieser Basis die Tan generiert, allerdings gelten dort die gleichen Vor- und Nachteile wie bei der Chip-Tan.

Push-Tan

Dies ist das Verfahren, welches ich selbst einsetze. Man installiert eine kostenlose App, legt für diese App ein Passwort fest und verknüpft die App dann mit seinem Online-Banking-Account. Dies geschieht entweder, indem man einen QR-Code in einem Brief einscannt (so macht das z.B. die DKB), oder indem ein Mitarbeiter der Bank die Verknüpfung händisch herstellt (bei der Sparkasse war dies so).
Sobald die Verknüpfung hergestellt ist, erhält man Push-Benachrichtigungen seiner App, wenn eine neue Tan verfügbar ist. Nun muss man sein Passwort in der app eingeben und kann anschließend die Daten der Überweisung sowie die Tan aus der App auslesen. Vorteile sind hier Sicherheit und relativ einfache Anwendung. Der einzige Nachteil, den ich ausmachen konnte, ist die Abhängigkeit von einem Smartphone. Zudem muss die App natürlich barrierefrei sein, was aber zumindest die Apps der DKB und sparkasse sind.

SMS-Tan

Die SMS-Tan ist ziemlich simpel: Man hinterlegt seine Handynummer und bekommt anschließend eine SMS mit der Tan. Dies ist aber leider auch sehr unsicher: Jemand könnte die SMS online abfangen, und ein Dieb müsste das handy nicht mal entsperren, um die Tan vom Sperrbildschirm abzulesen. Deshalb schaffen die Banken die SMS-Tan so nach und nach ab.

Schlusswort

Ich habe diesen Beitrag absichtlich recht generell gehalten. Dennoch hoffe ich, er hat euch weitergeholfen - und sei es nur, um euch zu zeigen, was ihr noch genauer recherchieren wollt. Übrigens hier noch ein interessanter Link: Für Menschen wie mich, die Geldautomaten nicht nutzen können oder wollen, fallen bald zusätzliche Gebühren an, denn der BGH hat beschlossen, dass Banken für das Geldabheben am Schalter Gebühren fordern dürfen.

Re: Online-Banking als Blinder - wie geht das?

Beitrag von Reiner Delgado DBSV Mitarbeiter » 13.09.2019, 08:52

Der DBSV-Newsletter DBSV-direkt schreibt am 12.9.:
Das Inkrafttreten der zweiten europäischen Zahlungsdiensterichtlinie ("Payment Services Directive 2", PSD 2) am 14. September dieses Jahres bringt Veränderungen beim Online-Banking mit sich. Die Richtlinie dient dem Schutz von Bankkunden und soll Transaktionen sicher gestalten. Die PSD 2 schreibt Authentifizierungsverfahren vor, die als "stark" gelten bzw. nach dem Zwei-Faktor-Prinzip arbeiten. Das bedeutet, dass eine einzugebende TAN oder Freigabe eindeutig mit der zugehörigen Transaktion verknüpft sein muss, und die Autorisierung an einem anderen Gerät bzw. einer anderen App nur für diesen Vorgang verwendet werden kann. Das Zwei-Faktor-Prinzip verlangt, dass der Autorisierungsvorgang aus zwei Elementen besteht. Jedes Element muss einem anderen der drei Bereiche Wissen, Besitz und Körpermerkmal angehören.
Alle Bankkunden, die Online-Banking nutzen, sind durch die jeweiligen Banken informiert worden, dass als unsicher eingestufte Banking-Methoden abgeschafft werden. Dies betrifft bei allen Banken die nummerierten Transaktionsnummern auf Papier, das so genannte iTAN-Verfahren, und die Methode mit einer Schlüsseldatei. Einige, aber nicht alle Banken werden auch das mobile TAN-Verfahren (mTAN oder smsTAN) abschaffen. Andere wiederum preisen dieses Verfahren als sicher und als PSD2-konform an.
Die am häufigsten angebotenen Verfahren für das Online-Banking werden aller Voraussicht nach folgende sein:
1. eine Sicherheits-App des Geldinstituts für das Smartphone, die nach Eingabe der Transaktionsdaten auf den Internetseiten des Kreditinstituts die App aktiviert und nach Authentifizierung, zum Beispiel durch Fingerabdruck oder Passwort, eine sofortige Freigabe der Überweisung erwirkt (etwa BestSign bei der Postbank oder die S-pushTAN-Sicherheits-App der Sparkassen) 2. das chipTAN-Verfahren mit einem TAN-Generator mit Tastatur und Display, in den man seine EC-Karte einlegt, der nach Bestätigung der Transaktionsdaten eine TAN angibt (bei den Sparkassen wird ein sprechender TAN-Generator angeboten).
Die Verfahren bei der Sparkasse und der Postbank sind barrierefrei verwendbar. Auch die Onlinebanking-Seiten dieser beiden Geldinstitute sind barrierefrei. Falls das Onlinebanking Ihrer Bank nicht barrierefrei ist, kann die barrierefreie betriebssystemübergreifende Banking-Software "Banking4" der Firma Subsembly eingesetzt werden. Sehr viele Banken unterstützen das System. So wird ein barrierefreies Online-Banking ermöglicht.
Da leider nicht alle Banken einheitlich handeln, fehlt dem DBSV der Überblick, welche Banken welche Verfahren bei der Umstellung anwenden werden und ob diese für blinde und sehbehinderte Kundinnen und Kunden barrierefrei nutzbar sein werden. Deshalb bittet der Gemeinsame Fachausschuss Informations- und Telekommunikationssysteme des DBSV alle, die bei ihrem Bankinstitut auf Barrieren stoßen, ihre Erfahrungen mitzuteilen. Aber teilen Sie es auch mit, wenn Sie zufrieden mit dem Angebot Ihres Instituts sind. Schreiben Sie bitte eine E-Mail mit Betreff "Online-Banking" an info@dbsv.org.
In der Oktober-Ausgabe der DBSV-Verbandszeitschrift "Sichtweisen" wird ein längerer Artikel zu der Umstellung des Onlinebankings erscheinen. Sie können gerne ein Probeexemplar der "Sichtweisen" anfordern unter: DBSV-Zeitschriftenverlag, Petra Wolff, Tel.: 0 30 / 28 53 87-220, E-Mail: p.wolff@dbsv.org.
Quelle: www.dbsv.org/aktuell/online-banking.html

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Re: Online-Banking als Blinder - wie geht das?

Beitrag von carina » 30.09.2019, 21:02

Hallo Tim,
danke für diesen ausführlichen Beitra!

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Re: Online-Banking als Blinder - wie geht das?

Beitrag von Kleeblatt » 09.10.2019, 11:44

Hallo Tim,

online-banking ist für mich gerade ein großes Thema. Bei meiner Bank gibt es ein sog. Bestsign-Verfahren.
Was man braucht:
- Smartphone
- Entsprechende App
und Geduld, weil die Anmeldung z.B. etwas dauert.
Wie läuft das ab?
Man gibt den Auftrag am Computer frei, öffnet die App, bestätigt die Freigabe und wird angemeldet.
So läuft auch die Überweisung ab.
Leider funktioniert bei meiner Bank alles außer Empfänger und IBan eingeben. Bzw. funktioniert es schon, allerdings muss man die Felder mit der Mouse anklicken und natürlich sind sie so winzig, das man keine Chance hat, das richtige Feld zu treffen.
Früher hatte die Bank extra ein barrierefreies Bankingsystem, das jedoch mit dem normalen Banking zusammengewürfelt wurde.
Ergebnis: Kaudawelsch.

Leider kann man sich nie sicher sein, ob eine Bank barrierefrei ist oder nicht. Zumindest ist das meine Erfahrung. Ich werde die Bank wohl wechseln müssen... Und eigentlich wollte ich einen Witz über den Namen der Bank machen, lasse es aber lieber. Das gehört nicht hierher.

Liebe Grüße,

Kleeblatt

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