Es ist wunderbar, dass es die Möglichkeit gibt behinderungsbedingt Situationen durch Geld, also zum Beispiel durch unser Blindengeld, etwas abzufedern. Dass das in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gut funktioniert ist bekannt. Blindengeld ist nämlich Ländersache.
Warum schreibe ich diesen Artikel? Ganz einfach. Ich bin Brandenburgerin. Seit Sommer dieses Jahres bekomme ich knapp 20 Prozent mehr Blindengeld. Das ist ein Sprung, oder? So freute ich mich als ich beim Online-Banking den Anstieg bemerkte.
Ich hätte jetzt nur nicht googeln dürfen… In meine anfängliche Freude mischte sich die Frage: „Haben sie wohl in den anderen Ländern auch den Satz erhöht? Oder fangen Sie endlich an die Blindengeld-Sätze anzugleichen?“ Pustekuchen!
Hier läufts
Schauen wir uns als aller erstes an, wer in Deutschland am meisten bzw. am wenigsten Blindengeld erhält.
Auf dem Siegertreppchen steht Nordrhein-Westphalen. Ich dachte ich lese hier nicht richtig. Leute zwischen 18-59 Jahre erhalten hier 880 €. Seid ehrlich, habt ihr nicht auch an Bayern gedacht? Die sind tatsächlich mit ihren 743 € (ab 18 Jahre) „nur“ auf dem dritten Platz. Die Silbermedaille erhält Hessen. Hier bekommen alle Leute die auch Anspruch darauf haben 757 €.
Ihnen knapp auf den Fersen sind die Städte Berlin (mit 704,22 €) und Hamburg (mit 670,43 €). Ihr merkt es geht bergab. Bereits Platz 1 und Platz 5 trennen über 200 €. Wir haben ja aber 16 Bundesländer und diese arbeiten wir uns nun herunter.
350 € sind doch nichts
Hamburg und Bremen liegen direkt nebeneinander. Sie trennt einiges, unter anderem ihr Blindengeld. Wir machen jetzt wieder einen großen Sprung unzwar einen im Wert von über 150 €. Das Blindengeld in Bremen beträgt 517.63 €. Platz 6 fehlt also nur knapp 360 € um sich an NRW anzugleichen. Das passiert bestimmt…
Schauen wir aber weiter. Der Unterschied zwischen Thüringen und dem Saarland ist dagegen ja fast nichts. Mit 577 € sowie 550 € sind die Gelder fast auf einem Level. Was man jedoch auch betrachten sollte, ist die Entwicklung der Erhöhungen. Von 2014-2024 hat sich das Blindengeld in Thüringen mehr als verdoppelt (von 270 €). Dagegen waren es im Saarland 2014 bereits 438 €. Gerade hier zeigt sich also, dass die Selbsthilfe und Engagement wirklich etwas bewegen können.
Fast hätte ich Sie vergessen: Die NRW-ler ab 60. Mit dem 60. Geburtstag fällt nämlich hier das Blindengeld von 880 € auf 473 €. So fällt man von Platz 1 auf den 5ten.
Unsere nächsten drei Bundesländer trennen nicht mal 20 €. Sachsen-Anhalt (443.84 €), Mecklenburg-Vorpommern (430 €) und Brandenburg (425 €) liegen anscheinend nicht nur geografisch nah beieinander. Der Abstand zu NRW und Bayern ist im Vergleich aber riesig. Wir sind mittlerweile bei weniger als der Hälfte von den anfänglichen 880 € angekommen.
Trotz ähnlicher Beträge lässt sich ein Unterschied in der Handhabung erkennen. Wohingegen Sachsen-Anhalt stetig, zwar in kleinen Schritten, aber immerhin, ihr Blindengeld erhöht, wurde es in Brandenburg lange nicht verändert. Nach fünf Jahren gab es nun jedoch einen Sprung von 79 €. Das wäre wie oben beschrieben auch eigentlich ein Grund für Freude, aber… Brandenburg liegt direkt neben Berlin. Ich wohne nur knapp 20 Kilometer von der Stadtgrenze entfernt. Ehrlich gesagt ärgert es mich, dass der Unterschied zwischen unseren Bundesländern so groß ist. Würde ich ein paar Kilometer weiter wohnen, würde ich knapp 280 € mehr erhalten. Das sind jährlich 3360 € mehr. Ich gönne ja im Grunde jedem dieses Glück, aber der unterschied erscheint mir unfair. Noch schlimmer ist es, wenn man sich vergangene Zahlen anschaut. Ich bekomme trotz Erhöhung nicht einmal so viel, wie die Berliner bereits in den 90-zigern bekommen haben.
Wer sind die letzten 5
Baden-Württemberg, Niedersachen und Rheinland-Pfalz sind sich immerhin einig. Sie zahlen alle ein Blindengeld von 410 €. Auch hier möchte ich die Erhöhungen natürlich nicht unerwähnt lassen. Da jedoch nur Niedersachsen in den erwähnten 10 Jahren überhaupt etwas an ihrem Blindengeld verändert hat (2014: 300 €), kann und möchte ich zu dem Rest schweigen.
Und nun sind wir am Ende angekommen. Willkommen in Sachsen und Schleswig-Holstein. Landschaftlich sind es so tolle Bundesländer. Leider sprechen wir heute ja aber über das Blindengeld. Mir fehlt die Kraft es schönzureden, also legen wir die Karten nun einfach auf den Tisch. In Sachsen bekommt man ab dem 14. Lebensjahr 380 €. 10 Jahre zuvor waren es 333 €. Somit gab es eine Erhöhung, aber diese ist im ländervergleich und in Anbetracht dessen, dass sie den vorletzten Platz belegen, etwas klein.
Gewinner von hinten ist der Norden. Alle Blindengeldbeziehenden aus Schleswig-Holstein dürfen sich monatlich über 300 € freuen. Dies scheint sich „historisch bewährt“ zu haben, denn seit 2014 wurde hier auch nichts gemacht.
Um euch noch einmal den Unterschied klar zu machen: Die Leute in Schleswig-Holstein erhalten nur knapp 1/3 von dem Blindengeld aus Nordrhein-Westphalen. So kann man dort mit einem jährlichen Betrag von 10.560 € rechnen, die man steuerfrei zum Ausgleich für den Alltag nutzen kann. In Schleswig-Holstein sind es „nur“ 3600 €.
Einer für Alle und Alle für Einen
Versteht mich nicht falsch: Das Blindengeld ist eine wunderbare Chance den eigenen Alltag leichter zu gestalten. Man kann sich doch mal eher ein Taxi nehmen oder eine Haushaltshilfe einstellen. Jeder Euro der uns zur Verfügung steht ist daher ein Gewinn.
Seid ehrlich, habt ihr gerade aber nicht mit den Zähnen geknirscht? Wir sind doch ein Land. Sollte das Blindengeld da so stark schwanken?
Es ist bemerkenswert die Kurve der Beträge und Erhöhungen anzuschauen. Man sieht ganz deutlich, wie selbst bei uns die Schere immer weiter auseinander geht. Die Bundesländer die bereits vor Jahren auf einem deutlich höheren Stand waren, heben ihre Gelder immer wieder an. Die Länder die oft auch kleinere Landesvereine haben, dort tut sich wenig bis nichts.
Jeder schaut bei sich, wobei es wohl schlauer wäre für etwas Großes zu kämpfen. Ein einheitliches Blindengeld wäre ein Ziel für welches es sich zu kämpfen lohnt. Das würde vor allem alle blinden Mitglieder deutschlandweit mit einbeziehen und ihnen nutzen. Ganz nach dem Motto:
Einer für Alle und Alle für einen!
Ach übrigens: Alle Angaben gelten für das reine Blindengeld, also nicht die Blindenhilfe, Pflegegeld, Taubblindengeld und/oder Sehbehindertengeld. Die Unterschiede schauen wir uns das nächste Mal an.