Vereinsarbeit – kreativ, spaßig und definitiv nie langweilig
Verfasst: 21.05.2024, 14:23
Vereinsleben ist langweilig? Na von wegen! Gerade junge Leute fragen immer: muss ich denn Mitglied in einem der DBSV-Vereine sein? Was bringt mir das denn? Auch ich habe mir diese Fragen gestellt. Damals habe ich mich auch eher zu den Sehbehinderten dazugezählt und wollte nicht in einen „Blindenverein“. Meine Vorstellung war, dass wenn ich da bin alle nur darüber sprechen, was nicht geht, wie schlimm das Leben ist und wie anders man im Vergleich zu den anderen ist. Gerade der Langstock versetzte mich in Panik, denn dann hätten ja alle gesehen, dass ich anders bin. Anders zu sein, war damals auch noch eine schlimme Sache. Heute sehe ich das, auch durch die Vereinsarbeit, aber vor allem durch die tollen Menschen hier, nicht mehr so.
Ich möchte ehrlich sein, ich war auch schon bei Stammtischen, da saßen einige frustrierte Leute, die sich anscheinend selbst abgeschrieben hatten. Zum Glück bin ich aber noch einmal hingegangen. Selbsthilfe ist nicht traurig und der letzte Weg, sondern kann richtig Spaß machen. Anders ist nicht immer auffällig und selbst wenn es auffällig wird, kann das für richtig spaßige Momente sorgen.
Die Reaktionen der Außenwelt können ziemlich anstrengend sein. Man trifft überall auf der Welt auf ignorante, unaufmerksame oder auch verständnislose Menschen. Das kann schmerzen, aber auch etwas bringen – manchmal auch Geld.
So erzählt unser Sozialreferent: „Bei einer Internationalen Jugendbegegnung war ein sehender Kollege mit einer Gruppe sehbehinderter und blinder Teilnehmender unterwegs. Eine Radfahrerin hielt an und fragte: „Betreuen sie diese Leute hier?“ Der Kollege antwortete: „Nicht wirklich betreuen, aber sozusagen ja.“ Da gab die Frau ihm 50 €. Die konnten wir gut für unser Treffen gebrauchen.“
Solche Situationen sind keine Einzelfälle. Auch ein anderer Kollege berichtete einmal, dass als er mit seiner damaligen Freundin im Theater war, eine Frau auf ihn zukam. Sie drückte ihm 10 € in die Hand und lobte ihn noch, dass mehr Leute etwas mit Behinderten machen sollten.
Die Leute fühlten sich sicher gut nach diesen Spenden und ihrem Lob. Das kann aber auch nach hinten losgehen. Nach einem Jugendseminar fuhren ein Großteil der Teilnehmenden von Hannover nach Berlin. Der Zug war voll und so saßen wir in kleinen Grüppchen über ein Abteil verteilt. Nach einer Weile tippte mich eine Dame von hinten an. Sie lächelte und fing sofort an zu erzählen, dass sie gerade auch eine Ausbildung zur Assistentin für Menschen mit Behinderung macht. In dieser durfte sie schon erfahren, wie es ist im Rollstuhl, ohne Hör- und ohne Sehvermögen durch die Stadt zu laufen. Sie machte mir Komplimente, dass ich so schön auf alle aufpasste – obwohl wir nur zusammensaßen und redeten. Sie sprach auch laut aber vor allem über die anderen Teilnehmenden, den man im Gegensatz zu mir wohl eher die Sehbehinderung ansah. Mein Stock war in meiner Tasche. Nachdem sie mit ihrer Rede fertig war, dankte ich ihr, packte meinen pinken Stock aus und sagte nur, dass niemand auf diese Herrschaften aufpassen müsste. Ich erzählte ihr lächelnd, dass nicht jeder hilfsbedürftig ist geschweige denn so aussieht. Das war ihr unangenehm, aber so hat sie wohl eine neue Lektion im Umgang mit Behinderungen gelernt. Es geht um das Miteinander und nicht um das über- oder gegeneinander. Wir konnten darüber auf jeden Fall lachen.
Das Miteinander ist auch das Schönste bei allen Verbandsaktionen. Bei unseren Jugendseminaren saßen wir immer bis tief in die Nacht zusammen. Hier entstanden die kuriosesten Gespräche und Ideen. Wir überlegten wie wir unsere Jugendarbeit auflockern könnten. Wir sprachen darüber, dass wir unbedingt ein Maskottchen bräuchten, wie unseren Alternativtext Papageien den wir nur liebevoll Papa-Braille nennen. Dann sprachen wir über Merch, den wir eigentlich auch dringend für unsere Social-Media-Gewinnspiele bräuchten. Die Ideen reichten von Shirts bis hin zu Kondomen. Die Shirts hatten wir ja schon einmal auf dem Louis Braille Festival in Leipzig. Diese gab es in zwei Farben für alle die dort mitgewirkt hatten. Danach haben uns viele Leute gefragt ob man solche T-Shirts auch irgendwo kaufen kann. Leider noch nicht, aber wer weiß was die Zukunft bringt.
Das Festival in Leipzig war allgemein eine spannende Erfahrung. Ich war beeindruckt, wie die Bewohnerinnen und Bewohner Leipzigs auf uns vorbereitet wurden. Es erschienen Aufklärungsartikel in den Zeitungen und so hatte ich (und auch andere Teilnehmende) einige positive Begegnungen in der Stadt. Die Messe fand außerdem direkt am Leipziger Zoo statt, sodass die Besucherinnen und Besucher auch den schönen Zoo erleben konnten. Ich war damals viel mit unserem bayrischen Jugendvertreter und einer Kamera unterwegs. Es sind lustige Aufnahmen entstanden in denen ich mich bei jeder Aktivität schön zum Obst gemacht habe. Das werde ich auch dieses Jahr wieder tun. Ich sage nur: Escape Room. Wenn ihr es also nicht zum Festival geschafft habt, könnt ihr auf dem Instagram-Account des DBSV Jugendclubs sehen, wie die Stuttgarter Messe so aussah.
Ich und viele Vereinsmenschen könnten euch sicher noch viele Geschichten erzählen. Wie bin ich mitten in der Nacht an die Handynummer des blinden Comedian Timur Turga gekommen? Wieso war die bekannte Influencerin Diana zur Löwen bei uns im Büro? Wieso haben wir als DBSV Jugend beschlossen den ersten Insta-Account der Verbandsfamilie zu erstellen, schließlich ist das doch eine Bilderplattform? Warum verteilten wir gelbe und rote Karten an Falschparker? Und wer kam auf die Idee Mützen für Straßenpoller zu stricken? Fortsetzung folgt.
Habt ihr auch Vereinsgeschichten, die euch ein lächeln auf die Lippen zaubern? Wenn ja, schreibt sie mir gern unter s.heinicke@dbsv.org
(Artikel von Sophie Heinicke aus der Mai-Brücke 2024)
Ich möchte ehrlich sein, ich war auch schon bei Stammtischen, da saßen einige frustrierte Leute, die sich anscheinend selbst abgeschrieben hatten. Zum Glück bin ich aber noch einmal hingegangen. Selbsthilfe ist nicht traurig und der letzte Weg, sondern kann richtig Spaß machen. Anders ist nicht immer auffällig und selbst wenn es auffällig wird, kann das für richtig spaßige Momente sorgen.
Die Reaktionen der Außenwelt können ziemlich anstrengend sein. Man trifft überall auf der Welt auf ignorante, unaufmerksame oder auch verständnislose Menschen. Das kann schmerzen, aber auch etwas bringen – manchmal auch Geld.
So erzählt unser Sozialreferent: „Bei einer Internationalen Jugendbegegnung war ein sehender Kollege mit einer Gruppe sehbehinderter und blinder Teilnehmender unterwegs. Eine Radfahrerin hielt an und fragte: „Betreuen sie diese Leute hier?“ Der Kollege antwortete: „Nicht wirklich betreuen, aber sozusagen ja.“ Da gab die Frau ihm 50 €. Die konnten wir gut für unser Treffen gebrauchen.“
Solche Situationen sind keine Einzelfälle. Auch ein anderer Kollege berichtete einmal, dass als er mit seiner damaligen Freundin im Theater war, eine Frau auf ihn zukam. Sie drückte ihm 10 € in die Hand und lobte ihn noch, dass mehr Leute etwas mit Behinderten machen sollten.
Die Leute fühlten sich sicher gut nach diesen Spenden und ihrem Lob. Das kann aber auch nach hinten losgehen. Nach einem Jugendseminar fuhren ein Großteil der Teilnehmenden von Hannover nach Berlin. Der Zug war voll und so saßen wir in kleinen Grüppchen über ein Abteil verteilt. Nach einer Weile tippte mich eine Dame von hinten an. Sie lächelte und fing sofort an zu erzählen, dass sie gerade auch eine Ausbildung zur Assistentin für Menschen mit Behinderung macht. In dieser durfte sie schon erfahren, wie es ist im Rollstuhl, ohne Hör- und ohne Sehvermögen durch die Stadt zu laufen. Sie machte mir Komplimente, dass ich so schön auf alle aufpasste – obwohl wir nur zusammensaßen und redeten. Sie sprach auch laut aber vor allem über die anderen Teilnehmenden, den man im Gegensatz zu mir wohl eher die Sehbehinderung ansah. Mein Stock war in meiner Tasche. Nachdem sie mit ihrer Rede fertig war, dankte ich ihr, packte meinen pinken Stock aus und sagte nur, dass niemand auf diese Herrschaften aufpassen müsste. Ich erzählte ihr lächelnd, dass nicht jeder hilfsbedürftig ist geschweige denn so aussieht. Das war ihr unangenehm, aber so hat sie wohl eine neue Lektion im Umgang mit Behinderungen gelernt. Es geht um das Miteinander und nicht um das über- oder gegeneinander. Wir konnten darüber auf jeden Fall lachen.
Das Miteinander ist auch das Schönste bei allen Verbandsaktionen. Bei unseren Jugendseminaren saßen wir immer bis tief in die Nacht zusammen. Hier entstanden die kuriosesten Gespräche und Ideen. Wir überlegten wie wir unsere Jugendarbeit auflockern könnten. Wir sprachen darüber, dass wir unbedingt ein Maskottchen bräuchten, wie unseren Alternativtext Papageien den wir nur liebevoll Papa-Braille nennen. Dann sprachen wir über Merch, den wir eigentlich auch dringend für unsere Social-Media-Gewinnspiele bräuchten. Die Ideen reichten von Shirts bis hin zu Kondomen. Die Shirts hatten wir ja schon einmal auf dem Louis Braille Festival in Leipzig. Diese gab es in zwei Farben für alle die dort mitgewirkt hatten. Danach haben uns viele Leute gefragt ob man solche T-Shirts auch irgendwo kaufen kann. Leider noch nicht, aber wer weiß was die Zukunft bringt.
Das Festival in Leipzig war allgemein eine spannende Erfahrung. Ich war beeindruckt, wie die Bewohnerinnen und Bewohner Leipzigs auf uns vorbereitet wurden. Es erschienen Aufklärungsartikel in den Zeitungen und so hatte ich (und auch andere Teilnehmende) einige positive Begegnungen in der Stadt. Die Messe fand außerdem direkt am Leipziger Zoo statt, sodass die Besucherinnen und Besucher auch den schönen Zoo erleben konnten. Ich war damals viel mit unserem bayrischen Jugendvertreter und einer Kamera unterwegs. Es sind lustige Aufnahmen entstanden in denen ich mich bei jeder Aktivität schön zum Obst gemacht habe. Das werde ich auch dieses Jahr wieder tun. Ich sage nur: Escape Room. Wenn ihr es also nicht zum Festival geschafft habt, könnt ihr auf dem Instagram-Account des DBSV Jugendclubs sehen, wie die Stuttgarter Messe so aussah.
Ich und viele Vereinsmenschen könnten euch sicher noch viele Geschichten erzählen. Wie bin ich mitten in der Nacht an die Handynummer des blinden Comedian Timur Turga gekommen? Wieso war die bekannte Influencerin Diana zur Löwen bei uns im Büro? Wieso haben wir als DBSV Jugend beschlossen den ersten Insta-Account der Verbandsfamilie zu erstellen, schließlich ist das doch eine Bilderplattform? Warum verteilten wir gelbe und rote Karten an Falschparker? Und wer kam auf die Idee Mützen für Straßenpoller zu stricken? Fortsetzung folgt.
Habt ihr auch Vereinsgeschichten, die euch ein lächeln auf die Lippen zaubern? Wenn ja, schreibt sie mir gern unter s.heinicke@dbsv.org
(Artikel von Sophie Heinicke aus der Mai-Brücke 2024)