Ehrenamtliches Engagement: Margit Giegerich – Unsere Frauenbeauftragte

Eine Behinderung kann kompliziert sein, gerade, wenn sie neu aufgetreten ist. Andere Menschen können kompliziert sein im Umgang mit Behinderung. Hier könnt ihr Erfahrungen austauschen.
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Ehrenamtliches Engagement: Margit Giegerich – Unsere Frauenbeauftragte

Beitrag von Sophie Heinicke » 07.11.2023, 17:03

Seit 2015 bin ich Frauenbeauftragte des DBSV. Wie alles begann und was mich motiviert, in meinen „Ehrenamtlichen Aufgaben“:

Frauenarbeit – mit diesem Begriff fremdle ich bis heute ein wenig. Was ist damit gemeint? Haben wir nicht längst die Gleichstellung von Mann und Frau erreicht? Warum brauchen wir Frauenarbeit, aber keine Männerarbeit? Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich dem Thema genähert habe, bis ich erkannt habe, dass gerade behinderte Frauen spezieller Angebote be-dürfen.
Seit 1998 bin ich im Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) als ehrenamtli-che Beraterin für sehbehinderte und blinde Menschen unterwegs. Dabei wird mir immer wie-der klar, wie unterschiedlich die Verhaltensweisen von Männern und Frauen sind. Viele Män-ner, die erblinden, werden von ihren sehenden Frauen begleitet und unterstützt. Umgekehrt funktioniert es sehr viel seltener, oft müssen Frauen mit ihrer neuen Situation allein zurecht-kommen. Auch jüngere Frauen müssen sich häufig allein durchschlagen. Job, Familie, Haus-halt – das ist ohnehin schon viel, für Frauen mit Seheinschränkung wird es schnell zu viel. Wenn dann noch hinzukommt, dass das familiäre Umfeld Selbstzweifel säht, wird es ganz schwierig.
So ging es auch mir. Bis zu meiner Erblindung habe ich versucht, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ich hatte Mann und zwei Kinder und arbeitete als kaufmännische Ange-stellte in einem mittelständischen Sanitär- und Heizungsbetrieb. Als ich mein Sehvermögen vor mehr als 20 Jahren bis auf einen kleinen Rest verlor, musste ich den Job aufgeben. We-nigstens für die Familie wollte ich da sein, lernte Punktschrift, machte ein Training in Orientie-rung und Mobilität und hatte irgendwann auch den Haushalt wieder im Griff. Natürlich brauch-te ich in vielen Bereichen Unterstützung,

Heute lebe ich allein und bin sehr selbstständig. Ich probiere immer wieder Neues aus und stelle fest, dass deutlich mehr geht, als man denkt. Aber ich muss nicht alles können, sondern nehme auch Hilfe an. Auf die richtige Einstellung kommt es an und auf das nötige Selbstver-trauen. Doch daran mangelt es gerade Frauen. Als ich das begriffen hatte, wusste ich, dass die Frauenarbeit doch etwas für mich ist. Seit 2008 bin ich Frauenreferentin im BBSB. Im Januar 2015 wurde ich zusätzlich Frauenbeauftragte des DBSV – ein Amt, das Helga Neumann über 20 Jahre innehatte.
Ich möchte nicht in die Kaffeekränzchen-Schublade gesteckt werden. Es geht mir darum, blinde und sehbehinderte Frauen zu stärken, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können und sich im besten Fall in der Selbsthilfe engagieren. Die großen Seminare, die ich als Frauenbeauftragte organisiere und leite, verstehe ich deshalb vor allem als Möglichkeit zur Fortbildung. Motivation und Kommunikation, Präsentation, Teamarbeit und Konfliktlösung – das sind zentrale Themen. Wie die Referentinnen die Ressourcen und Potenziale der Teil-nehmerinnen in den Mittelpunkt stellen, beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue.
Frauen haben einfach andere Stärken als Männer. Sie sind empathisch, vernetzen sich gut und gerne, suchen im Team nach gemeinsamen Lösungen. Das klingt klischeehaft, ent-spricht trotz aller Ausnahmen aber immer noch meinen Beobachtungen. Es geht mir nicht darum, die unterschiedlichen Qualitäten von Männern und Frauen zu bewerten. Solange un-sere Gesellschaft aber von maskulinen Strukturen geprägt ist, bleiben Frauen eher in der zweiten Reihe – mit der Folge, dass Potenziale verschenkt werden. Was ich mir wünsche, ist mehr Wertschätzung zwischen Männern und Frauen, mehr Offenheit für unterschiedliche Herangehensweisen, ein konstruktives Miteinander, von dem alle Seiten profitieren.
Und wie sieht es mit Mode, Wellness und Kochen aus? Aber ja, auch diese Themen spielen in der Frauenarbeit des DBSV eine Rolle. Aber sind das wirklich nur Frauenthemen? Ich finde nein. Deshalb biete ich seit einiger Zeit Haushaltskurse für Männer an, die gut angenommen werden. Und bringe umgekehrt auch Frauen das Heimwerkern nahe – nach dem Motto: „Selbst ist die Frau“.

Für mich persönlich bringen mir meine vielfältigen Aufgaben ein selbständiges und sehr kreatives Arbeiten mit Menschen. Es kommt so viel an Dankbarkeit und neu erwachender Lebensfreude bei vielen Menschen an mich zurück. Wenn meine Seminarthemen von den Frauen als sehr interes-sant und motivierend für ihren Alltag empfunden werden und sie viel mit nach Hause nehmen, gibt es für mich nichts Schöneres als mein Ehrenamt.

(Artikel von Margit Giegerich, DBSV Frauenbeauftragte, veröffentlicht in der September-Brücke 2021)

Neue Frauenbeauftragte im DBSV

Beitrag von Robbie Sandberg Site Admin » 16.02.2024, 12:18

Der DBSV hat eine neue Frauenbeauftragte ernannt, weil Frau Giegerich das Amt abgegeben hat. Hier ihre Vorstellung aus dem DBSV-Rundschreiben.

mein Name ist Ute Lutzenberger. Ich stelle mich Ihnen heute als neue DBSV-Frauenbeauftragte vor.
Seit 2014 hat Margit Giegerich ehrenamtlich als Beauftragte für die Belange von Frauen im DBSV gearbeitet. Unermüdlich hat sie Veranstaltungen geplant und durchgeführt. Mit viel Einfühlungsvermögen hat sie Frauen auf ihrem Weg zu mehr Selbstvertrauen unterstützt. Ende letzten Jahres hat Frau Giegerich nun entschieden, kürzer zu treten und das Amt als DBSV-Frauenbeauftragte abzugeben. Das DBSV-Präsidium hat die gute Arbeit von Frau Giegerich gewürdigt und mich in seiner Februar-Sitzung zur neuen Frauenbeauftragten im DBSV ernannt.
Ich bin 53 Jahre alt, lebe mit meinem Mann und unseren beiden Kindern in Nürnberg und bin in der Leitung einer Hilfsmittelfirma tätig. Seit mehr als 20 Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich im Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB), u.a. in den Arbeitskreisen Eltern und Frauen. Seit 2022 bin ich Mitglied des DBSV-Präsidiums.
Als erste Veranstaltung plane ich voraussichtlich ein mehrtägiges Seminar zum Thema "Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen". Hier geht es darum, Frauen ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein mitzugeben.
Ich bin erreichbar per Mail an u.lutzenberger@dbsv.org

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