Der Hund ist der beste Freund des Menschen. Er ist aber oft nicht nur ein Freund, sondern auch Seelentröster sowie die helfende Pfote. Führhunde ermöglichen blinden und sehbehinderten Menschen ein weiteres Stückchen Unabhängigkeit und Freiheit. Sie begleiten uns durch unser Leben und wollen uns glücklich sehen. Das Gleiche sollten wir ihnen aber auch ermöglichen. Ein Blindenführhund ist zwar das einzig lebendige Hilfsmittel, aber noch so viel mehr.
Bei unserem Community-Treffen hatten wir die Blindenführhundexpertin Silke Larsen aus Berlin zu Gast. Sie nimmt uns nun noch einmal mit in ihre Welt.
Als erfahrene Blindenführhundhalterin kann ich aus erster Hand berichten, dass die Haltung und Ausbildung eines Blindenführhundes anspruchsvoll und zugleich bereichernd ist. Wichtig ist, gleich zu Beginn klarzustellen, dass es sich hierbei um einen Blindenführhund handelt – nicht um einen Blindenhund. Der Blindenführhund ist darauf spezialisiert, eine blinde oder sehbehinderte Person sicher durch den Alltag zu führen. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Hindernisse zu erkennen und diese zu umgehen sowie die Halterin zu schützen.
Welche Hunderassen eignen sich besonders gut als Blindenführhunde?
Besonders gut eignen sich Labrador Retriever, Golden Retriever, Deutsche Schäferhunde und manchmal auch Königspudel. Diese Rassen sind bekannt für ihre hohe Intelligenz, Geduld, Zuverlässigkeit und Arbeitsfreude. Grundsätzlich kann aber jede Rasse ausgebildet werden, die keinerlei Aggressionen, Schutztrieb, Wachtrieb und möglichst kein jagdliches Interesse hat.
Was ist ein Blindenführhund und welche Aufgaben übernimmt er?
Ein Blindenführhund ist speziell darauf trainiert, blinde oder stark sehbehinderte Menschen sicher durch den Alltag zu begleiten. Er führt seine Halterin um Hindernisse herum, hilft beim Überqueren von Straßen, erkennt Höhenunterschiede (z. B. Treppenstufen) und verweigert bei Gefahren den Gehorsam, wenn ein Befehl zu einer unsicheren Situation führen könnte.
Wie lange dauert die Ausbildung eines Blindenführhundes?
Die Ausbildung eines Blindenführhundes dauert in der Regel zwischen 8 bis 12 Monaten, abhängig vom individuellen Hund. Die Ausbildung ist intensiv und teilt sich in verschiedene Phasen auf, die sowohl Gehorsam als auch die speziellen Fähigkeiten eines Führhundes umfassen.
Für alle Interessierten ist noch zu beachten: Bis ihr einen Blindenführhund bei euch Zuhause begrüßen dürft, dauert es oft ein Weilchen. Viele Schulen haben lange Wartelisten. Daher sollte man sich rechtzeitig mit entsprechenden Schulen auseinandersetzen und dort beraten lassen. Entsprechende Schulen findet ihr übrigens auf der Webseite des DBSV.
Wie wird ein Blindenführhund ausgewählt und trainiert?
Die Hunde werden aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihres Temperaments und ihrer Gesundheit ausgewählt. Es ist wichtig, dass der Hund ruhig, belastbar und aufmerksam ist. Das Training umfasst sowohl allgemeines Gehorsamstraining als auch die spezifischen Fähigkeiten, die ein Blindenführhund benötigt – zum Beispiel das Erkennen und Umgehen von Hindernissen, das Ignorieren von Ablenkungen und das „intelligente Ungehorsam“, bei dem der Hund entscheidet, Befehle nicht auszuführen, wenn sie seine Halterin in Gefahr bringen könnten.
Des Weiteren muss der Hund, der mit der Ausbildung beginnen soll absolut gesund sein. Hierfür gibt es gesetzliche Vorgaben, die durch ein tierärztliches Gutachten nachgewiesen werden müssen. Der Hund darf frühestens mit 15 Monaten mit der Spezialausbildung beginnen.
Wie erkennt ein Blindenführhund Hindernisse und Gefahren im Alltag? Wie verhält er sich dann?
Der Hund erkennt Hindernisse wie Bordsteinkanten, Treppen, Menschenmengen oder Straßenschilder visuell und durch seine feinen Sinne. Er führt seine Halterin dann sicher um das Hindernis herum oder bleibt stehen, wenn er einen Weg als unsicher erkennt.
Welche Rolle spielt das Alter des Hundes bei der Ausbildung? Wie lange ist er im Dienst?
Die Hunde beginnen ihre Ausbildung in der Regel im Alter von 15 bis 18 Monaten. Im Dienst bleiben sie in der Regel bis zum Alter von 9 bis 12 Jahren, abhängig von ihrer Gesundheit und Fitness. Das Alter spielt eine große Rolle, da der Hund jung genug sein muss, um neue Dinge schnell zu lernen, aber auch schon eine gewisse Reife besitzen sollte.
Welche Kommandos lernt ein Blindenführhund während des Trainings?
Ein Blindenführhund lernt etwa 40 Hörzeichen. Zu den wichtigsten gehören „Voran“ (zum Gehen), „Rechts“ und „Links“, „Such Tür“ (zum Auffinden eines Eingangs) und „Such Platz“ (zum Finden eines freien Sitzplatzes). Auch das Stoppen an Bordsteinen und Zebrastreifen sowie das Umgehen von Hindernissen gehören zu den Kernaufgaben. Selbstverständlich hat der Hund in seiner Grundausbildung alles das gelernt, das ein Familienhund im ersten Jahr auch gelernt haben sollte.
Wie wird der Hund auf plötzliche Gefahren oder unvorhersehbare Situationen vorbereitet? Wann ist ein Hund nicht geeignet?
Der Hund wird durch zahlreiche Übungen in realen Umgebungen auf unerwartete Situationen vorbereitet, wie zum Beispiel laute Geräusche, unvorhergesehene Hindernisse oder das Verhalten in belebten Straßen. Ein Hund ist nicht geeignet, wenn er zu ängstlich, aggressiv oder zu abgelenkt ist oder nicht in der Lage ist, den Anforderungen gerecht zu werden.
Welche Rechte haben Blindenführhunde und ihre Halter im öffentlichen Raum?
In Deutschland haben Blindenführhunde und ihre Halter durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), § 12e das Recht, öffentliche Gebäude, Verkehrsmittel, Restaurants und andere öffentliche Orte zu betreten. Blindenführhunde dürfen nicht ausgeschlossen werden, auch nicht von Orten, die für andere Tiere verboten sind. Hierbei sollte immer der Grundsatz gelten: Da wo alle Menschen in Straßenkleidung Zutritt haben, dürfen auch Führhund-Mensch-Gespanne rein!
Blindenführhunde dürfen gemäß § 12e BGG auch in Restaurants, Supermärkte, öffentliche Verkehrsmittel und sogar Flugzeuge mitgenommen werden. Es ist jedoch ratsam, sich bei Flugreisen vorher mit der Fluggesellschaft in Verbindung zu setzen, um spezielle Regelungen oder Vorbereitungen zu besprechen.
Selbstverständlich sollte auch sein, dass der Blindenführhund mit seinem Menschen den Zutritt zu allen Medizinischen Bereichen, wie Krankenhäuser, Rehakliniken, Ärzten usw. hat.
Was passiert mit Blindenführhunden, wenn sie in Rente gehen oder krank werden?
Wenn Blindenführhunde in den Ruhestand gehen, verbleiben sie oft bei ihren Halterinnen als Familienhunde. In anderen Fällen werden sie in liebevolle Pflegefamilien vermittelt. Bei Krankheit wird, wie bei jedem anderen Hund auch, auf die Gesundheit geachtet, und wenn nötig, wird der Hund behandelt oder frühzeitig in den Ruhestand versetzt.
Wie sieht die rechtliche Haftung aus, wenn ein Blindenführhund einen Fehler macht?
Im Falle eines Fehlers haftet in der Regel die Haftpflichtversicherung der Halterin. Blindenführhunde durchlaufen eine strenge Ausbildung, und Fehler sind selten, aber Versicherungen decken solche Situationen ab.
Was muss der potentielle Besitzer vor der Anschaffung bedenken und mitbringen?
Der Haltende eines Blindenführhundes muss bereit sein, sich intensiv um den Hund zu kümmern, ihn regelmäßig zu versorgen und sich auf eine langfristige Partnerschaft einzulassen. Auch die eigene Mobilität und Aktivität spielt eine Rolle, da der Hund Bewegung und geistige Beschäftigung braucht.
Der Hund braucht neben einer klaren Führung und viel Bewegung auch regelmäßige Tierarztbesuche, hochwertige Ernährung und soziale Zuwendung. Wichtig ist auch, dass er genügend Ruhezeiten bekommt.
Kann ein Blindenführhund die Blindheit „ausgleichen“ und wie erleben Halter diese Unterstützung?
Ein Blindenführhund kann die Blindheit zwar nicht vollständig ausgleichen, aber er bietet eine enorme Unterstützung und gibt vielen Haltenden ein Gefühl von Sicherheit und Unabhängigkeit. Er erleichtert das Navigieren durch die Umwelt erheblich und schenkt zudem emotionalen Beistand.
Welche Herausforderungen gibt es in der Ausbildung und im Einsatz von Blindenführhunden? Welche Probleme im Alltag gibt es?
Herausforderungen sind vor allem die individuellen Unterschiede der Hunde und die Anpassung an verschiedene Halterinnen. Im Alltag gibt es manchmal Probleme mit Menschen, die den Hund streicheln wollen oder Orte, an denen der Zutritt verweigert wird, obwohl das gesetzlich nicht erlaubt ist.
Gerade sich ständig rechtfertigen zu müssen, weshalb der Hund nicht gestreichelt oder gefüttert werden darf, ist manchmal anstrengend. Einige Mitmenschen probieren es dann trotz eines Neins auch noch im Geheimen.
Andere unterstellen einem, dass die Tiere es schlecht haben, da sie arbeiten. Diese Diskussionen könnten zukünftigen Halterinnen und Haltern bevorstehen. Hier hilft es sich auch mit anderen Besitzerinnen und Besitzern auszutauschen.
Was sind die häufigsten Fehler oder Missverständnisse im Umgang mit Blindenführhunden?
Ein häufiges Missverständnis ist, dass der Hund gestreichelt oder abgelenkt werden darf, während er arbeitet. Dabei sollte man nie vergessen, dass der Hund eine wichtige Aufgabe hat und auf keinen Fall abgelenkt werden sollte.
Außerdem sollten blinde und sehbehinderte Menschen immer wertschätzend mit ihrem Hilfsmittel mit Seele umgehen. So sollten Strafen, wie körperliche und psychische Druckmittel, laute Stimme nicht zum Zusammenleben zwischen Mensch und Hund gehören.
(Beitrag von Silke Larsen und Sophie Heinicke)